Digitalisierung – Jeder Dritte fühlt sich überfordert – so lautete heute (23. Januar 2018) eine Schlagzeile der Tagesschau im Web. Eine Initiative „D21“ hatte Menschen gefragt, ob sie sich eigentlich wohlfühlen mit digitalen Errungenschaften wie Sprachassistenten Alexa oder Siri im Wohnzimmer, autark fahrenden Autos oder Kühlschränken, die selbständig Lebensmittel nachbestellen. Große Teile der Bevölkerung würden das „doch eher skeptisch sehen“. Jeder Dritte würde sich mit der Digitalisierung überfordert fühlen.
In dem Beitrag wird das als Problem gesehen – „ein Problem, das weitreichende Folgen haben kann. ‚Überall muss ich auf das Internet zugreifen können, um teilhaben zu können‘, sagt Müller [Initiative D21 – R.]. ‚Und da haben wir schon eine große Herausforderung, dass 16 Millionen Menschen auf einer Eisscholle sitzen, die zunehmend kleiner wird und man zunehmend vom Sozialleben, von politischer Teilhabe, von ökonomischer Teilhabe ausgeschlossen ist. Die Menschen müssen wir mitnehmen.‘ Dies funktioniere nur über digitale Bildung, die in der Kita beginne und im Altenheim ende.“
Der Staat selbst hat dazu offensichtlich eine ambivalente Position. Einerseits erlässt er ein IT-Sicherheitsgesetz um wichtige Infrastruktur zu schützen, andererseits lässt er den „Staatstrojaner“ entwickeln um Rechner zu hacken und zu überwachen.
Was sind die treibenden Kräfte für diese Entwicklung? Zivilgesellschaftlicher Wille, breit und ausführlich diskutiert, wohl abgewogen und demokratisch beschlossen? Mitnichten. Zuallererst leider das Streben nach Profit, in diesem Fall aus der Vermarktung anfallender Daten, ist die treibende Kraft.
Und diese Kraft treibt auch fiese und scheinheilige Blüten: So bietet die Coodriver GmbH eine „Schutzranzen“-App an, die Kinder vor Verkehrsunfällen schützen soll. Dazu sendet die App Trackingdaten des Kindes in eine Cloud. Autofahrer können die entsprechende Pendant-App auf ihrem Smartphone installieren und werden dann durch diese App gewarnt, wenn ein durch die Schutzranzen-App überwachtes Kind den Weg kreuzt. Soweit die Idee. Und die Kritik? – Der Datenschutz ist intransparent und bleibt letztlich völlig auf der Strecke. Die Datenschützer von digitalcourage e. V. haben das Daten-Sendeverhalten genauer untersucht und festgestellt, dass Daten an alle großen Datenkraken übermittelt werden. Auch das Portal heise.online berichtet dazu kritisch.
Aber selbst, wenn der Datenschutz vorbildlich gesichert wäre, ist die elektronische Überwachung der Kinder ein Unding – da fehlt nicht mehr viel bis zur elektronischen Fußfessel. Und dass die Standortdaten zu Warnungen für Benutzer der Autofahrer-App und in Bediensystemen neuer VW-Fahrzeuge verarbeitet werden, degradiert die Kinder förmlich zu Objekten im Internet der Dinge. „Eine Erziehung von Kindern zu Freiheit und Mündigkeit geht nicht unter ständiger Kontrolle der Eltern“ schreibt digitalcourage.
Und ganz nebenbei: Selbst bei wohlwollendster Betrachtung – allein aus statistischen Gründen müsste die große Mehrheit aller Grundschulkinder wie auch der Autofahrer die jeweilige App aktiv benutzen, damit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Warnung auch tatsächlich erfolgt. Ahnen Sie die geschäftlichen Träume der Gesellschafter der Coodriver GmbH?
Auf digitalcourage.de können Sie einen offenen Brief an den Vorstand der Volkswagen AG und alle anderen Beteiligten des „Schutzranzen“-Projekts unterschreiben.
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Archiv der Kategorie: Berichte
Ein neoliberaler Angriff auf das Internet
Mit dem Begriff Internet wird die Netzwerk-Infrastruktur bezeichnet, auf welcher Dienste wie das World Wide Web, die E-Mail, Chat, die Telefonie oder das Streaming von Musik oder Videos basieren. Technisch geschieht das so, dass die zu übermittelnden Daten in einzelne Pakete zerlegt werden. Diese werden jedes für sich adressiert und an den jeweiligen Empfänger versendet. Der Weg der einzelnen Datenpakete ist dabei nicht vorgegeben, jedes kann einen individuell anderen Weg zum Empfänger gehen und dabei über jeweils andere Knotenrechner weitergeleitet werden. Beim Empfänger angekommen, werden die Datenpakete wieder in der richtigen Reihenfolge zusammengesetzt und stehen dort für die jeweiligen Dienste zur Verfügung.
Dieses Prinzip der Datenübertragung über das Internet hat viele Vorteile und hat sich deshalb in den vergangenen Jahren quasi als Standard für die Datenübertragung etabliert. Betrieben wird diese Netzwerk-Infrastruktur technisch von großen Unternehmen, die ihre Leistungen auch Privatkunden anbieten, sogenannte Internet Service Providern (ISP). Der Betrieb muss sich dabei nach bestimmten Regeln richten, die von allen ISP einzuhalten sind. Eine ganz wichtige Regel ist dabei die sogenannte Netzneutralität. Gemeint ist damit die Gleichbehandlung aller Datenpakete, die über das Internet transportiert werden. Es darf kein Datenpaket bevorzugt (beschleunigt) transportiert oder verzögert (ausgebremst) werden. Würde diese Netzneutralität nicht mehr gelten, dürften Datenpakete durch die ISP – gegen entsprechende Bezahlung – bevorzugt transportiert werden. Weil jedoch die Bandbreite für die Datenübertragung unverändert bleibt, bedeutet das, dass andere Datenpakete verzögert werden müssen. Wer also einfach nur eine Website oder ein Weblog betreibt, kann dadurch quasi im wahrsten Sinne des Wortes „auf der Strecke bleiben“. Nur wer bezahlen kann, dessen Inhalte können zügig abgerufen werden. Anderenfalls kann es beim Aufrufen der betreffenden Seite schon mal stocken. Weiterlesen
Die „neue Normalität“ des Klima-Umbruchs
Erinnert sich noch jemand an den Hurrican Harvey im August diesen Jahres? Da war doch irgendwas… weit weg für die meisten. Ganz weit weg von unserem Alltag, abgesehen von der erregten Berichterstattung über eine kurze Zeit.
(Joe Webb)
Die nun erfolgten wissenschaftlichen Auswertungen sind noch viel weiter weg. Sie sind zwar durch nur wenige Klicks im Internet erreichbar, aber wen interessieren sie schon? Für die Herbsttagung der Amerikanischen Geophysikalischen Vereinigung war die Auswertung der wissenschaftlichen Befunde zum Hurrican Harvey (vgl. auch jw vom 15.12.2017) ein Höhepunkt.
Alexander Graf Lambsdorff: „Das käme einem industriellen Selbstmord gleich“
Heute, am 4. November 2017 gab es in Bonn anlässlich der Weltklimakonferenz eine Demonstration für Klimaschutz. Zentrale Forderung der Demonstranten war der Kohle-Ausstieg.
In Berlin fanden in dieser Woche Sondierungsverhandlungen zur Regierungsbildung nach der Bundestagswahl im September statt. Die Teilnehmer der Verhandlung (CDU, CSU, FDP und Grüne), die eine sogenannte Jamaika-Koalition bilden wollen, sondieren, inwiefern sie sich zu bestimmten Politikfeldern, auf denen sie unterschiedliche Auffassungen haben, einen Kompromiss finden können.
Im Deutschlandfunk wurde an diesem Sonnabend das Interview der Woche mit dem Mitglied des Bundestages Alexander Graf Lambsdorff (FDP) geführt, der als Vertreter der FDP an den Sondierungsverhandlungen teilgenommen hat. In diesem Interview, geführt von Klaus Remme, wurde er u. a. auch zur Klimapolitik gefragt:
Klaus Remme: Alexander Graf Lambsdorff, Sie und Ihre Partei sagen: ‚Wir stehen zu den Zielen von 2020, haben aber keine Ahnung, wie wir die erreichen wollen.‘ Das ist doch eine substanzlose Position.
Alexander Graf Lambsdorff: Die Ziele von 2020 kann niemand erreichen, ohne dass wir derartig massiv Betriebe in Deutschland stilllegen, und zwar nicht nur energieerzeugende Betriebe, sondern auch Industriebetriebe, dass das einem industriellen Selbstmord gleichkäme. Für uns ist entscheidend die Zwei-Grad-Zielsetzung, das Ziel der Pariser Klimakonferenz 2050, dass wir einen Pfad dorthin entwickeln, dass wir das Klima schützen, ohne auf dem Weg zum besseren Klimaschutz die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen. Und das ist nicht ein abstraktes Thema, Wettbewerbsfähigkeit. Da geht es tatsächlich um die Arbeitsplätze, um die Teilhabe über Arbeit von hunderttausenden, von Millionen von Menschen in Deutschland. Und da sind wir nicht bereit, das zu opfern für ein Ziel, mit dem wir im globalen Kontext, noch mal, im globalen Kontext nur einen minimalen Beitrag leisten, dessen Relevanz wirklich überschaubar ist und wo wir viel mehr erreichen können, wenn wir es global denken.
Ich empfinde es zuallererst als blanken Zynismus, sich auf diese Art von den Klimazielen Deutschlands zu verabschieden. Selbst wenn die FDP in den vergangenen 4 Jahren nicht im Bundestag vertreten war, so war sie das die ganzen Jahre vorher und hat genau diese Beschlüsse mit gefasst.
Als Nächstes, und ich glaube neudeutsch werden solche Aussagen als „Fake News“ bezeichnet, ist Herr Lambsdorff der Meinung, dass er mit der Einhaltung des Ziels im globalen Kontext nur einen „minimalen Beitrag“ leisten würde. Klassisch würde ich das als bewusste Falschaussage bezeichnen: Deutschland belegt bei den CO2-Emissionen weltweit den 6. Platz mit fast 4% der Emissionen. Selbst auf der Ebene einzelner Kohle-Kraftwerke ist Deutschland vorne mit dabei: Die Kraftwerke Niederaußem in Nordrhein-Westfalen auf Platz 7 und Jänschwalde in Brandenburg auf Platz 16 der weltweiten Liste der größten CO2-Emittenten.
Hier wird der schwarze Peter einfach weggeschoben, wird die eigene Verantwortung zynisch ignoriert und werden die Tatsachen massiv verbogen. Wird das der Politikstil der Jamaika-Koalition?
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Bioökonomie – der alte neue Hype zur Rettung von Kapitalismus und Welt
Wir waren gestern abend bei einer Veranstaltung zum Thema
Bioökonomie: Ökologische Modernisierung der imperialen Lebensweise?
Diese Veranstaltung wurde ausgerichtet von der BMBF-Nachwuchsgruppe „Bioökonomie und Soziale Ungleichheiten“ an der Universität Jena.
Bioökonomie
„Bioökonomie“ ist ein neuer Hype, für den es seit 2009 von der OECD und seit 2012 auch von der EU ein Strategiepapier gibt. Mit ihm soll nun endlich die Wirtschaft gleichzeitig ökologisch werden und die ökologischen Probleme wirtschaftlich profitabel gelöst werden. Bioökonomie soll Antwort auf die drängendsten Fragen der Zeit „wie sie sich etwa im Klimawandel, dem Biodiversitätsverlust, der Nahrungsmittel-verknappung und der Ressourcenübernutzung (von Öl bis zu Agrarflächen) zeigen“ (Working Paper 1: 21.) geben. Dabei soll eine Win-Win-Situation geschaffen werden. In den OECD- und den EU-Papieren unterscheiden sich der Inhalt und die Orientierung:
So heiß…
So besonders heiß hab ich den Juni noch gar nicht empfunden – es kamen immer wieder abkühlende Gewitter und Tiefdruckgebiete. Aber mal ehrlich, ist dieser Wechsel von Hitzerekorden und Rekordunwettern noch normal? Wir werden uns nach und nach an veränderte Wetterlagen gewöhnen, in 10 Jahren weiß kaum noch jemand, wie „langweilig“ normal das Wetter früher mal war. Höchstens die Versicherungsstatistiken zeigen die Veränderungen. Und dass man viel stärker darauf achtet, ob das eigene Haus, die eigene Wohnung, das Dach oder der Baum vorm Haus auch wirklich sicher sind…
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Geflüchtete Menschen sollen an Zukunftswerkstatt teilnehmen
In Zukunftswerkstätten entwickeln Menschen gemeinsame Projekte zur Gestaltung eines besseren Lebens in vielen Bereichen. Menschen, die Zukunftswerkstätten planen und moderieren, treffen sich regelmäßig zu ihrem Jahrestreffen. Das Jahrestreffen 2016 wird in der Lausitz stattfinden.
An diesem Treffen sollen sich nun auch Menschen, die als Geflüchtete in die Region kamen, beteiligen können. Das erfordert einige Ressourcen, z.B. für Dolmetscher. Die Initiatorin Petra Eickhoff hat dafür ein Crowdfunding-Projekt organisiert und ich bitte um die freundliche Beachtung dieses Projekts:
„Flüchtlinge als Ideengeber in Zukunftswerkstatt beteiligen.“
Migration und Flucht im Kapitalozän
„Globale Probleme der Menschheit“, so wurde schon vor einem Vierteljahrhundert der Komplex von drohenden Gefahren für die gesamte Menschheit genannt. Die Kriegsgefahr, vor allem angesichts der globalen Verbreitung von Atomwaffen, war das „Globale Problem Nummer Eins“. Gleich danach kam dann die allgegenwärtige Umweltvergiftung in West wie Ost, erkennbar am Baumsterben und vergifteten Flüssen. Auch die Endlichkeit von Ressourcen ließ eine „Grenze des Wachstums“ erahnen.
Seit ungefähr dieser Zeit erreichte auch der real existierende Kapitalismus eine neue Entwicklungsstufe: Der Neoliberalismus fegte seitdem in aller Welt Sozialsysteme und nichtkapitalistische Lebensformen hinweg. Alle vorher geschützten öffentlichen Lebensbereiche wie Gesundheitswesen und Bildung werden weitgehend kommerzialisiert, aber der Profit reicht nicht aus, die Kapitalakkumulationserwartungen aus der vergangenen und gegenwärtigen Ausbeutung heraus zu erfüllen. Stattdessen werden ungedeckte Anleihen aus einer erwarteten zukünftigen Ausbeutung zur Grundlage der Wirtschaft.
Verlorene Jahrzehnte für 99 % der Menschen, denen andere Lebensgrundlagen entrissen wurden und die von nicht ausreichend vorhandener Lohnarbeit abhängen. Stagnation der Gehälter und Prekarisierung für die immer härter Arbeitenden und Verelendung für die anschwellende Arbeitsreservearmee. Dem steht ein unermeßlicher Reichtum auf der anderen Seite gegenüber, begleitet vom weiteren Aushebeln der bisherigen bürgerlich-demokratischen Ausgleichsmechanismen. Verlorene Jahrzehnte auch für die meisten „unterentwickelten“ Regionen dieser Erde beim „Nachholen“ der Entwicklung.
Hier gehts weiter (pdf-Datei).
(Bildquelle: Gerhard Mester)