Gliederung dieser Seite
- Abschirmung
- Schutz vor Alpha-Strahlung
- Schutz vor Beta-Strahlung
- Schutz vor Gamma-Strahlung
- Schutz vor Neutronen-Strahlung
- Andere Schutzmöglichkeiten
Grundsätzlich ist eine Reduzierung der Belastung des menschlichen Organismus mit ionisierender Strahlung auf Null nicht möglich und vielleicht auch gar nicht sinnvoll. Der Grund dafür ist die natürliche Radioaktivität, die uns umgibt und sowohl vom Boden ausgeht (radioaktive Isotope im Gestein) als auch aus der Luft (Reste kosmischer Strahlung, die bis zum Erdboden gelangen) auf uns einwirkt. An diese natürliche Radioaktivität ist unser Organismus seit Jahrtausenden gewöhnt und letztlich ist diese ja auch eine Ursache für Mutationen, die für die Entwicklung des Lebens auf der Erde eine wichtige Bedingung sind.
Auch gelegentliche Schwankungen sind nichts Ungewöhnliches. Die natürliche Strahlenexposition beträgt in Deutschland im Mittel 2,4 mSv im Jahr. Das ist etwa ein Zehntel der Dosis, die vom Gesetzgeber als maximal zulässige Dosis für strahlenexponierte Personen im Jahr erlaubt ist (20 mSv pro Jahr).
Wie auch immer man zu diesen Werten stehen mag - die Frage ist auch hier, wie man sich vor einer zu hohen Belastung durch ionisierende Strahlung schützen kann.
Zuallererst wohl dadurch, dass man sich nicht unnötig einer solchen Strahlung aussetzt. Falls das aber doch nicht ganz vermeidbar ist, gelten folgende Grundsätze:
- Abschirmung
- Begrenzung der Expositions- bzw. der Aufenthaltszeit
- Abstand
Abschirmung
Abschirmung bedeutet, dass zwischen der Strahlungsquelle und dem Körper ein geeignetes Absorptionsmaterial gebracht wird. Durch die Wechselwirkung der ionisierenden Strahlung mit dem Absorptionsmedium wird die Energie der Strahlungsteilchen reduziert und deren Bewegungsrichtung geändert. Es können auch sekundäre Strahlungen entstehen. Schließlich kann die Energie der Strahlung vollständig absorbiert werden.
Die Unterschiede der Abschirmungswirkung für verschiedene Strahlungsarten ist nachfolgend dargestellt.
Abschirmung unterschiedlicher Strahlungsarten* |
Alphastrahlen
Alphastrahlen verlieren ihre Energie bereits auf einer sehr kurzen Strecke. In der nachstehenden Tabelle sind einige charakteristische Reichweiten für Alpha-Strahlen unterschiedlicher Energie dargestellt.
Energie der Alpha-Teilchen in MeV |
Reichweite der Alpha-Strahlung in | ||
Luft | Muskelgewebe | Aluminium | |
1 | 0,3 cm | 4 µm | 2 µm |
3 | 1,6 cm | 16 µm | 11 µm |
4 | 2,5 cm | 31 µm | 16 µm |
6 | 4,6 cm | 56 µm | 30 µm |
8 | 7,4 cm | 91 µm | 48 µm |
10 | 10,6 cm | 130 µm | 67 µm |
Die geringe Reichweite bewirkt, dass nach einigen cm Luft keine Bestrahlung durch Alpha-Teilchen mehr stattfinden kann. Wenn Alpha-Teilchen auf ungeschützte Körperteile des Menschen treffen, werden diese bereits durch die obersten Hautschichten vollständig abgeschirmt.
Diese Aussage gilt jedoch nicht für die infolge der Wechselwirkung der Alpha-Strahlung mit dem Absorptionsmedium auftretende Sekundärstrahlung. Insofern ist die Alpha-Strahlung keineswegs unproblematisch.
Beta-Strahlung
Ionisation und Erzeugung von Bremsstrahlung sind die wichtigsten Wechselwirkungsprozesse bei der Absorption von Beta-Strahlung. Das bedeutet, dass je höher die Dichte und die Ordnungszahl des Absorbermaterials sind, desto geringer die Reichweite der Strahlung in diesem Material ist. In der Praxis verwendet man jedoch Absorbermaterial mit weniger hoher Ordnungszahl, da die Bremsstrahlung dann weniger hart ist und besser abgeschirmt werden kann.
Verwendet wird also eine Kombination zweier Materialien. Der Strahlungsquelle zugewandt ist ein Absorbermaterial niedriger Ordnungszahl mit einer Materialdicke, die etwas größer ist als die Reichweite der Beta-Strahlung in diesem Material. Dadurch wird die Beta-Strahlung nahezu vollständig absorbiert und es entsteht wenig Bremsstrahlung geringerer Energie. Diese wird durch eine zweite Schicht aus einem Element hoher Ordnungszahl weiter abgeschwächt.
Absorption von Beta-Strahlung* |
Einige typische Reichweiten für Beta-Strahlung verschiedener Energie sind in der nachstehenden Tabelle dargestellt.
Teilchen-Energie in MeV | Reichweite in | ||
Luft | Körpergewebe | Aluminium | |
0,01 | 3 mm | 0,0025 mm | 0,9 µm |
0,1 | 0,1 m | 0,16 mm | 0,05 mm |
0,5 | 1,2 m | 1,87 mm | 0,6 mm |
1 | 3,06 m | 4,75 mm | 1,52 mm |
2 | 7,10 m | 11,1 mm | 4,08 mm |
5 | 19 m | 27,8 mm | 9,9 mm |
10 | 39 m | 60,8 mm | 19,2 mm |
20 | 78 m | 123 mm | 39 mm |
Die von den meisten Beta-strahlern erreichte Maximalenergie liegt zwischen 1 und 2 MeV. Deshalb reicht in diesen Fällen eine Abschirmung durch ein ausreichend dickes Aluminiumblech meistens aus.
Gamma-Strahlung
Für Gamma-Strahlung kann man keine maximale Reichweite angeben. Durch Absorptionsmaterialien kann man lediglich eine Schwächung der Strahlungsintensität erreichen. Wie stark die Strahlung dabei geschwächt wird, hängt sowohl von der Art des Absorbermaterials als auch von der Energie der Gamma-Strahlung ab. Höherenergetische Strahlung wird weniger absorbiert als solche geringerer Energie und Absorbermaterialien mit höherer Ordnungszahl absorbieren besser als solche mit niedrigerer Ordnungszahl.
Um eine sinnvolle Aussage zur Absorption treffen zu können, gibt man für unterschiedliche Strahlungsenergien die sogenannte Halbwert- und Zehntelwertschichtdicke an. Dabei reduzieren diese Schichtdicken die Strahlung jeweils auf die Hälfte bzw. ein Zehntel des ursprünglichen Wertes. Ordnet man diese Schichten nacheinander an, so multiplizieren sich deren Absorptionen. Durch nacheinanderschalten von drei Zehntelwertschichten würde die Strahlungsintensität also auf 1/10 * 1/10 * 1/10 = 1/1000 des ursprünglichen Wertes reduziert.
Einige charakteristische Werte sind in der nachstehenden Tabelle angegeben:
Material | Materialdicke in cm bei einer Energie der Gamma-Strahlung von [MeV] | |||||
0,1 | 0,5 | 1 | 5 | 10 | 100 | |
Wasser Halbwertschicht Zehntelwertschicht |
4,15 13,8 |
7,18 23,8 |
9,85 32,7 |
23,1 76,6 |
31,6 105 |
40,2 133 |
Beton Halbwertschicht Zehntelwertschicht |
1,75 5,81 |
3,41 11,4 |
4,66 15,5 |
10,3 34 |
12 43 |
12,5 40,6 |
Eisen Halbwertschicht Zehntelwertschicht |
0,257 0,855 |
1,06 3,54 |
1,47 4,91 |
2,82 9,4 |
3,02 10 |
2,1 6,96 |
Blei Halbwertschicht Zehntelwertschicht |
0,0118 0,0386 |
0,422 1,41 |
0,893 2,97 |
1,43 4,78 |
1,21 4,05 |
0,642 2,03 |
Neutronen-Strahlung
Eine Absorption von Neutronen ist sinnvoll nur für solche mit relativ niedriger Energie möglich. Deshalb werden zur Absorption von Neutronen-Strahlung mehrschichtig aufgebaute Absorbermaterialien verwendet. Zuerst soll die Energie der Neutronen reduziert werden. Dazu verwendet man Stoffe, die viele Wasserstoffatome enthalten, beispielsweise Polyäthylen, Paraffin oder Wasser. Der Grund dafür ist die effektive Energieübertragung bei Stößen durch die praktisch gleiche Masse von Protonen (Wasserstoffkernen) und Neutronen.
In einer weiteren Schicht werden die abgebremsten, nun also thermischen Neutronen beispielsweise durch Bor- oder Cadmiumhaltige Stoffe eingefangen. Dabei entsteht eine Sekundärstrahlung, die in einer dritten Schicht, beispielsweise aus Blei, weitgehend abgeschwächt wird. Ein solcher Neutronenschild ist in der nachstehenden Abbildung dargestellt.
Absorption von Neutronen-Strahlung* |
Da ein solcher Schutzschild recht teuer ist, werden in der Praxis auch andere Varianten realisiert. In einem Kernkraftwerk beispielsweise soll eine 2-Meter-Spezialbetonwand vor der Neutronenstrahlung schützen.
Andere Schutzmöglichkeiten
Eine generelle Schutzmöglichkeit ist die Begrenzung der der aufgenommenen Strahlungsdosis durch die Begrenzung der Aufenthaltsdauer in den Bereichen, wo Strahlung auftritt. Eine Verringerung der Aufenthaltsdauer entspricht proportional einer Verringerung der aufgenommenen Strahlungsdosis.
Eine weitere Möglichkeit, die Strahlenbelastung zu reduzieren, ist, den Abstand zur Strahlungsquelle zu vergrößern. Bei einer punktförmigen Strahlungsquelle nimmt die Intensität umgekehrt zum Quadrat des Abstands ab. Das bedeutet, dass bei einer Verdoppelung des Abstandes die Intensität sich auf ein Viertel reduziert.
Die Abbildungen stammen aus Kernenergie Basiswissen von Martin Volkmer, Informationskreis Kernenergie, 2003